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Herzlich Willkommen bei der Zeitkirche! Entdecken Sie das spannende Programm der Zeitkirche auf dem Hessentag 2017.

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    Max Mutzke auf dem Hessentag hautnah erleben

    Ausgrenzung ist für mich ein No-Go

    Für Pressezwecke freigegebenMax MutzkeMax Mutzke

    Max Mutzke singt am 27. Mai im PurPurDom der Evangelischen Kirchen und spricht im Interview über Flüchtlinge und warum er in seiner Kindheit ein Außenseiter war

    „Ausgrenzung ist für mich ein No-Go“

    Ein großes Stadion, eine riesige Halle oder ein kleiner Saal? Wo singt Max Mutzke am liebsten? Der 34-Jährige fühlt sich bei Konzerten mit Hunderten von Leuten wohler als mit Tausenden von Besuchern, „weil ich da näher an den Menschen dran bin“. Hautnah erleben kann er seine Fans und können die Fans Max Mutzke am Freitag, 27. Mai, wenn er beim Hessentag in Herborn auf einer ganz besonderen Bühne steht. Die Evangelischen Kirche hat den vielseitigen Sänger mit der Soul-Stimme (Schwarz auf Weiß, Can´t wait until tonight) in den PurPurDom eingeladen, wo er von knapp 300 Fans begrüßt wird.  

    Der Mann aus dem Schwarzwald gewann in der TV-Show von Stefan Raab die Talentsuche und belegte 2004 beim Eurovision Song Contest in Istanbul Platz acht. Zu seiner atemberaubenden Karriere gehören mittlerweile acht Alben und ein Jazz Platin Award für das Album „Durch Einander“. Max Mutzke kann man nicht in einer musikalischen Schublade ablegen, denn er experimentiert gern und hat schon viele musikalische Projekte mit anderen Künstlern wie Cassandra Steen, den Fantastischen Vier, Stefanie Heinzmann oder etwa der SWR Big Band umgesetzt. Wir haben mit Max Mutzke über seine schönsten Momente in Konzerten gesprochen. Im Interview erzählt er viel über sich und sagt, warum er als Kind ein Außenseiter war.   

    Die Wälder und Wiesen rund um Ihre Heimatgemeinde im Schwarzwald zeigen viele Facetten von Grün. Herr Mutzke, haben Sie eine Lieblingsfarbe.  

    Ja, grün ist meine Lieblingsfarbe und das hat genau damit zu tun, weil hier bei uns alles so grün ist. Ich mag das Grün. Ich bin oft draußen unterwegs, fahre gern mit meinem Unimog, Baujahr 62, den ich von meinem Opa geerbt habe, durch den Wald, wo ich Holz hole. Wir heizen damit.

    Sie singen beim Hessentag im PurPurDom der Evangelischen Kirche. Welche Bilder sehen Sie bei dem Gedanken an Purpur? Können aus einer Farbe auch Töne und eine Melodie entstehen?

    Das ist eine gute Frage, die ist mir noch nie gestellt worden. Wenn ich an die Farbe Purpur denke, dann ist das für mich der Moment des Aufgangs oder des Untergangs der Sonne. Wir haben hier Alpensicht. Beim Sonnenaufgang erscheint der Himmel hinter den tiefschwarzen Bergen in dieser Farbe und abends werden die Alpen beim Sonnenuntergang in purpurfarbene Töne getaucht. Das nennt man auch Alpenglühen. Ich weiß nicht, ob mir bei diesem schönen Anblick eher eine ruhige Ballade oder eine Nummer zum Abgehen einfällt.

    Sie spielen oft live und interpretieren Ihre Songs gern. Das Publikum wird Sie im PurPurDom der Evangelischen Kirche hautnah erleben können. Brauchen auch Sie diese Nähe zu den Menschen?

    Ja, auf jeden Fall. Ich mag lieber die kleineren Konzerte, ohne die Absperrungen. Das Publikum ist näher, da können die Leute auch ihre Wasserflaschen vorn auf der Bühne abstellen. Ich erinnere mich an ein Konzert mit 240 Besuchern in Aurich. Da sind die Leute vor Begeisterung tierisch ausgerastet. Ich habe in den kleinen Sälen das Gefühl, ich lerne die Leute besser kennen und ich kann ihnen sogar die Hände reichen. Mir machen die kleineren Locations mehr Spaß als die riesigen Hallen.

    Den Moment genießen und Achtsamkeit im Hier und Jetzt erleben, das ist Ihnen wichtig. Wie sieht der schönste Moment im Konzert für Sie aus?

    Die schönsten Momente sind meistens dann, wenn man es gar nicht erwartet, wenn jemand im Konzert beispielsweise in einer stillen Phase mal reinschreit, nicht wenn alle klatschen, okay das braucht es natürlich am Ende des Songs, aber wenn einzelne Leute sich von Sätzen im Song angesprochen fühlen, dann ist das toll. Manche erwischt es emotional so schlimm, dass sie weinen. Aber nicht, weil sie traurig sind, sondern weil sie sich verstanden fühlen. Sie haben das Gefühl, hey ich bin nicht allein, die da oben auf der Bühne haben genau den gleichen Mist erlebt. Vielleicht kann auch ich damit zurechtkommen, wenn die anderen es auch geschafft haben. Das ist Wahnsinn.

    Am Album, das Ihren Namen trägt, haben Sie rund vier Jahre gearbeitet. Was war das Problem? Brauchten Sie so viel Zeit für eine Selbstfindung?

    Ja, ich brauchte diese Zeit, weil ich vorher das Jazz-Album gemacht hatte mit Songs die mich geprägt und bewegt haben. Das war ein krasses Sammelsurium. Wenn du nach einem Album mit Evergreens wieder selbst Songs schreibst, bist Du sehr selbstkritisch. Da muss Du dann eine ganz andere Inspiration und Kraft haben. Es hat gedauert, bis ich das Gefühl hatte, jetzt sind die Songs so, dass ich sie nicht besser hinkriege.

    Ein Song von Michael Jackson bringt mehr als 100 Reden von Außenministern, haben Sie einmal gesagt. Möchten Sie mit Ihren Liedern auch etwas bewegen?

    Ich dachte bis vor zwei, drei Jahren, wenn es um politische Dinge geht, möchte ich nicht als Moralapostel mit erhobenem Zeigefinger auf der Bühne stehen. Doch das hat sich geändert. Ich will für gewisse Dinge einstehen und gerade stehen. Für eine gute Willkommenskultur für Flüchtlinge etwa. Deutschland ist wie ein wohliger Ameisenhaufen. Es gibt viele Ehrenamtliche, die sich an Bahnhöfen und in Flüchtlingsheimen engagieren. Viele helfen und machen uns darauf aufmerksam, dass wir alle eine Mitschuld an der Flüchtlingswelle tragen. Wir haben hier die größten Waffenlieferanten, die die ganzen Ganoven versorgen und die die Leute dann auf die Flucht treiben. Ich finde, wir stehen da alle mit in der Verantwortung. Es ist extrem gut, dass wir eine Kanzlerin haben, die dahinter steht. Ich habe zuhause auch eine bunte Familie, meine Frau kommt aus Afrika. Unsere Kinder erleben afrikanische und deutsche Großeltern, unterschiedliche Sprachen, unterschiedliches Essen und Unterschiede, wie man mit Dingen umgeht und Konflikte austrägt. Alles hat seine Berechtigung. Ich finde es total schön, wenn man diese Erfahrungen in die Songs packen kann.

    Glauben Sie also an den Satz von Frau Merkel: „Wir schaffen das!“

    Uneingeschränkt ja. Was soll auch passieren? Selbst wenn die Aufnahme und Integration der Flüchtlinge rund acht Milliarden Euro kosten wird, durch Migration nehmen wir 30 Milliarden zusätzlich an Steuern ein. Das ist doch ein krasses Verhältnis. Die Kosten fürs Rauchen belaufen sich in Deutschland pro Jahr auf 80 Milliarden Euro. Ich sage bei jedem Konzert, ich kenne keinen Menschen in Deutschland, der wegen des Flüchtlingsstroms auch nur einen Euro weniger hat. Man darf ja Angst haben, aber die muss man kanalisieren. Die Angst sollte man nutzen, um Probleme zu besprechen und zu bearbeiten. Ich hoffe, dass die Bereitschaft zu helfen in Deutschland nicht geringer wird, sonst stehen wir vor einem Problem.

    Sie singen mit „Luxuslärm“ in einem Song die Zeile „Warum spüren wir erst, dass wir leben, wenn es weh tut?“ Haben Sie das auch schon so erlebt?

    Ja, das gibt es in jedem Leben. Es ist immer ein Auf und Ab, in der Gesundheit, in der Liebe oder in der Karriere. Manchmal kommen auch starke Schicksalsschläge wie für mich etwa der Tod meiner Mutter oder dass mein Bruder Ende vergangenes Jahr gestorben ist. Das sind Momente, in denen ich mich darauf besinne, was es bedeutet, gesund zu sein und zu leben.

    Ihr Lied „Schwarz auf Weiß“ ist eine sehr intime Liebeserklärung. „Ich umschlinge Deinen Körper, genieße es mit Dir, hier uns zu lieben, aufeinander zu liegen“. Sie zeigen sich im Video mit einer Frau – laszive Bewegungen in der Küche, im Bett, da ist viel nackte Haut zu sehen. Erotik pur. Wie wichtig ist für Sie die hautnahe Berührung?

    Total wichtig. Das habe ich nicht nur in der Pubertät gespürt. Körperliche Berührungen sind essentiell. Ich beobachtet das auch bei meinen kleinen Kindern, wenn sie sich morgens ins Bett der Eltern schmeißen und sich anschmiegen. Bei Kindern lösen Berührungen der Eltern die Bildung der Synapsen aus. Berührung ist für mich der absolute Grundbaustein einer jeden Beziehung. Das muss funktionieren.

    Doch ganz so eng darf es dann auch nicht sein, oder? Im Song „Du wirst seh´n“ heißt es: „Du nimmst mir meine Luft.“ Kennen Sie das Gefühl, dass eine Beziehung auch erdrücken kann?

    Ja, das kenne ich tatsächlich. Doch ich bin mit meiner Partnerin ja schon lange zusammen. Ich habe sie in der Schule kennengelernt. Vielleicht bin ja ich derjenige, der stärker klammert.

    Noch ein letztes Zitat aus einem Ihrer Lieder: „Ich spüre Dein Licht aus dieser Ferne.“ Das klingt nach einer besonderen Kraftquelle, die vielen Menschen Liebe, Hoffnung und Sicherheit gibt. Glauben Sie das?

    Sie möchten wohl wissen, ob ich an Gott glaube. Ja. Ich bin in einem katholischen Pfarrhaus mit evangelischer Erziehung aufgewachsen. Mein Vater hat damals das Pfarrhaus gekauft. Das war eine Villa Kunterbunt. Wir sind sechs Geschwister. Im Dachstuhl hatten wir einen Raum mit Sicht auf die Alpen. Dort haben drei Bands, die meines Vaters, meine eigene und die meines Bruders, geprobt. Unser Haus war so wie man die Kirche eigentlich sehen würde: offen, lebendig und voller Freude. Sie kennen doch sicherlich die Geschichte von Gott, der in eine dunkle Kirche kommt, in der alle sagen, er solle doch bitte leise sein, denn er sei schließlich im Haus Gottes. Doch Gott fragt, wo sind denn hier die Blumen, die Bäume, das Wasser, die spielenden und lachenden Kinder und die lustigen Leute? Bei uns im Dorf waren alle katholisch.

    . . . und Sie wie ein Fremder?

    Ja genau. Wir waren evangelisch, ich bin konfirmiert und gehöre nach wie vor gern zur Kirche. Ab und zu besuche ich Gottesdienste. Wir haben hier in der evangelischen Gemeinde in der Kreisstadt einen extrem guten Pfarrer. Das ist ein junger Typ, sportlich, Marathonläufer, offen, lustig und auch gern mal bereit, etwas zu machen, was nicht konform ist. Das gefällt mir.

    Und der Glaube?

    Es gibt auf jeden Fall eine Adresse für mich, die mit dem Glauben zu tun hat. Ich bitte aber nicht ständig um irgendetwas oder darum, dass mein nächstes Konzert gut wird. Ich sage viel öfter Danke, weil es mir so gut geht, ich die Familie dank meiner Karriere ernähren kann, dass wir uns verstehen und alle gesund sind.

    Wie war das früher als evangelische Familie in einer katholischen Hochburg im Schwarzwald?

    Wir waren die Stranger. Damals habe ich zum ersten Mal in meinem Leben erfahren, was es bedeutet, ohne jegliche Schuld als Außenseiter abgestempelt zu werden. Stellen Sie sich vor, ich habe als Kind im unserem 200-Einwohner-Dorf, in dem ich alle Leute kenne, den ganzen Tag mit meinen Freunden gespielt und dann sind wir im Sommer mittags in die Kirche gegangen, weil es dort so kühl und die Akustik so cool war. Doch dann sagten die anderen Kinder zu mir, du darfst hier nicht rein, du bist anders. Das fühlte sich so unfassbar fies an, und da habe ich beschlossen, dass ich mich niemals so gemein gegenüber anderen verhalten will. Ausgrenzung ist für mich ein absolutes No-Go.

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